Die paradoxe Fragetechnik beruht auf dem Prinzip der größtmöglichen Überhöhung und hinterfragt die Unsinnigkeiten von Führungsentscheidungen auf einer gegenwärtigen Ebene. Dafür werden mehrere Stufen von Konsequenzen übersprungen und es wird nach den Folgen der erweiterten Folgen gefragt. Also nicht, welche Nachteile ein linksdrehender Joghurt gegenüber einem vertikal rotierenden hat, sondern ob die biotisch anheimelnde Milchspeise noch zur Farbe des eigenen E-Boliden passt. Die paradoxe Fragetechnik steht damit in der direkten Nachfolge literarischer Figuren wie Don Quichote, Eulenspiegel oder des braven Soldaten Schwejk.
Grundlage für die Anwendung der paradoxen Fragetechnik ist die umfassende Kenntnis der negativen Folgen einer Führungsentscheidung. Darauffolgend werden die Konsequenzen über mehrere Stufen transformiert. So, dass der Bezug zur ursprünglichen Entscheidung noch sichtbar ist, der Fragegegenstand aber unrealistisch ist und kontrovers verblüfft.
So wie beispielsweise in dem metallverarbeitenden Unternehmen. Dort weist der neue technische Geschäftsführer an, die automatisierten Produktionsanlagen um 90° zu drehen. Diese Entscheidung ist weder aus der Sicht des Materialflusses noch der Flächennutzung sinnvoll und dient lediglich dem Ritual neuer Manager Anwesenheitssignale zu senden. Eine direkte Intervention verbietet sich jedoch, da diese als Affront verstanden werden könnte. Also durchdenkt der paradox Fragende die Konsequenzen der Entscheidung und die der daraus resultierenden Folgen. Statt nun zu insistieren, ob die Halle ebenso gedreht werden sollte oder die Anlage besser drehbar gelagert würde, um sie in ein paar Wochen leichter in die Ausgangsposition zurückzubewegen (naive Fragetechnik), überhöht der Fragende die Konsequenzen.
- Wo sollen die Mitarbeiter ihre Brotbüchsen ablegen, wenn der Tisch nicht mehr neben dem Arbeitsplatz steht?
- Sollen wir einen zusätzlichen Spiegel anbringen, damit die Mitarbeiter die Arbeitsanweisungen auf dem um 90° verdrehten Monitor lesen können?
- Müssen die Skatspieler in der Pause auch jeweils einen Platz weiterrutschen oder dürfen sie wie bisher sitzen?
In diesem Sinne ist die paradoxe Fragetechnik auch weniger Frage als Technik. Denn bei optimaler Anwendung folgt auf eine paradoxe Frage nur nachdenkliches Schweigen. Sollte der Geführte von seinem Führenden jedoch dennoch eine Antwort erhalten, könnte entweder die notwendige Stufe der Paradoxität nicht erreicht sein oder der Chef entpuppt sich als noch größerer Narr, denn der Fragende zu sein vorgibt. Letzteres gefährdet in der Regel den Fragenden, da nur in Ausnahmesituationen mehr als ein Teammitglied als Narr akzeptiert wird.