Seit den 1960er Jahren wissen wir durch Taiichi Ohno, dem Begründer des Toyota-Produktionssystems, dass sich Wertschöpfung als der Teil eines Produktes oder einer Dienstleistung bestimmt, für den der Kunde zu zahlen bereit ist. Wobei die Begriffe „Kunde“ und „zahlen“ nichts anderes als Platzhalter sind. Ein Kunde ist im weitesten Sinne der Empfänger der Leistung und kann damit Patient oder Theaterbesucher, Kollege oder Kindergartenkind sein. Für das Zahlen sind konventionelle Währungen ebenso legitim, wie ein einfacher Dank. In jedem Fall aber erfolgt eine Wertschätzung. Jemand erbringt eine Leistung für mich und in dem Augenblick, da ich deren Wert für mich erkenne, begegne ich ihr und damit dem Leistungserbringer mit Wertschätzung. Leider hat sich jedoch in woken Welt des New Work das Ritual herausgebildet, wir müssten uns in zyklischen Abständen uns unserer gegenseitigen Wertschätzung versichern. Weshalb wir gehalten sind, die unserer Meinung nach Wert zu schätzenden Eigenschaften von Gabi, Martti oder Lisbeth zu notieren. Anschließend stehen auf den Post-its Satzfragmente wie „Deine Gelassenheit in hektischen Arbeitssituationen“, „Deine Kaffeetasse findet immer den Weg in die Spülmaschine“ oder „Das Lächeln, mit dem Du in den Feierabend gleitest“. Ich gebe es zu, mir fallen solche Übungen sehr schwer. Nicht für die Kollegen, die mir einen Wert bieten. Aber eben für die anderen, die das nicht tun. Für die fällt mir schlichtweg nichts ein. Und verbiegen möchte ich mich dann doch nicht. Worauf mir die gerunzelte Stirn, die hochgezogene Augenbraue, das Schütteln des Kopfes ihre Gedanken assoziieren: Geringschätzung ihrer Person, Ignoranz gegenüber dem Team, verschüttete Sozialkompetenzen… Ich habe gelernt, dieses Feedback auf mein Nicht-Feedback auszuhalten. Und dennoch stört es mich. Denn für die eigene Wertschätzung sind nicht andere, sondern ich selbst verantwortlich. Indem ich Werte erschaffe, die für die anderen einen Wert darstellen. Beachte ich das nicht, darf ich vielleicht auf Mitleid hoffen, auf Empathie oder Gnade. Niemals aber auf Wertschätzung. Die gibt es nur aufgrund eigener Wertschöpfung.