Im Leben eines jeden Mannes gibt es den Tag, da er seine Bücherregale aufräumen muss. Und ich musste letzten Samstag wirklich. Ein zusätzliches Regalbrett für die auf dem Boden stapelnden Bände fand an den Wänden meines Arbeitszimmers keinen Platz mehr. Und ein neues Board in der Küche anzubringen, untersagte mir meine Frau. Obwohl ich ihr anbot, die Gewürze im Schlafzimmer zu lagern. Also murmelte ich dreimal den magischen Satz, man müsse sich auch mal von etwas trennen, und begann.
Am einfachsten sortierten sich die Klassiker des Marxismus/Leninismus aus. Auch wenn manche Zeichen dessen Wiederkehr deuten, das zweite Mal ist immer die Farce der vorangegangenen Tragödie. Und wem gelingt es schon, mit der politischen Ökonomie des Sozialismus Wokeness, Genderismus oder studentische Islamanbetung vernünftig zu interpretieren.
Dem folgten die Karriereratgeber. Also Titel wie „Schrei Kikeriki, wenn Du ein Ei gelegt hast“, „Mission Traumjob“ oder „Karriere machen: Beruflich vorankommen mit dem 5-Punkte-Plan“. Ich hatte sie alle gelesen. Leider. Geholfen hatten sie mir nie. Sicher, vielleicht hatte ich sie auch nicht verstanden. Doch nun war die Zeit dafür vorüber. Ich überlegte, sie der Personalentwicklung meiner Stadtverwaltung zu spenden, verschob aber die Entscheidung, da ich mir nicht sicher war, ob es eine solche Stelle in öffentlichen Einrichtungen gibt.
Nun kam ich zum Block der Managementstrategien. Was hatte sich nicht alles in zwanzig Jahren angesammelt: Total Quality Management und Business Reengineering, Balance Scorecard, das lernende Unternehmen und Industrie 4.0. Ich trauerte einen Moment mit den Autoren, wie sich ihre Visionen zu Illusionen verpuppt hatten, und schob darauf alles in die bereitstehenden Kartons. Nur die Bücher zum Lean Thinking behielt ich. Die geringe Hoffnung, dass wir uns irgendwann wieder einmal am Kundennutzen orientieren werden, wollte ich mir bewahren.
So schichtete ich Stunde um Stunde und Buch um Buch. Das Vergangene, wie die Weiterentwicklung der emissionsfreien Kernenergie oder die Spieltheorie zum Verständnis von Märkten ins Kistchen, das für die Zukunft Bedeutsame, wie den Koran, die Schwarmdummheit oder das Peter-Prinzip auf die Brettchen. Nun, ein Wochenende und zwei Kleintransporter später, sind meine Bücherregale wieder zukunftskonform. Es gibt sogar ein paar Lücken. Ich bin mir sicher, für die wird sich etwas finden lassen.