Turbulente Zeiten sind Beraterzeiten. Kaum dräuen dunkle Wolken am Unternehmenshorizont, umschwirren sie uns wie gemeine Stechmücken nach Abschalten des Lichts im sommerabendlichen Schlafzimmer. Mit schwingendem Singsang surren sie um unser Ohr und tönen dabei etwas von Turnaround, Geschäftsfeldoptimierung oder Supply-Chain-Design. Wobei modernere unter ihnen inzwischen gern auch die Hymnen der Künstlichen Intelligenz, des agilen Unternehmens oder des New Work in unsere Gehörgänge summen. Schon sind wir geneigt die Zeitung, die Fliegenklatsche oder auch nur die Hand zu heben, um diesen unangenehmen Gesellen den Garaus zu machen. Einen Augenblick verharren, anvisieren, pssst still, gleich habe ich sie und sie werden nie…
Dann jedoch besinnen wir uns. Wer wird, da wir uns der Berater in solch einer martialischen Art zu entsorgen gedenken, in Zukunft für die Balance im Unternehmen sorgen? Denn der Zweck der Berater besteht nur selten darin, was sie uns zu bieten glauben. Ihr Wissen können wir uns anlesen und ihre Analyse kann einer der Mitarbeiter durchführen. Für die Gestaltung der Präsentationen beschäftigen wir das Corporate Identity und für die Durchführung von Workshops die Prozessbetreuer.
Doch: Wer hat Schuld, wenn schiefgeht, was wir da planen? Oder alle annehmen, dass es schiefgehen wird? Wer rechnet zu dem Ergebnis, was wir errechnet haben wollen? Wer beweist, was wir zu beweisen gedenken? Wer verkündet die unliebsame Botschaft eines Personalabbaus und bereitet uns so das Podium, von dem wir in altruistischer Güte die beraterischen Maßnahmen abmildern können? Und welche Epauletten stecken wir uns auf, da nach den spurtstarken Dienstboliden, den Konferenzreisen in Fünf-Sterne-Hotels nun auch noch das Beratungsbudget obsolet wird?
Natürlich lassen sich Berater nur bedingt mit Mücken vergleichen. Doch beide sind Bestandteil von Ökosystemen. Die einen in dem der Natur und die anderen in dem des Unternehmens. Mücken dienen als Nahrungsquelle für Vögel und Fische, Berater als Schuldige, auf die man später mit dem Finger zeigt und ihren Vertrag mit Getöse löst. Also werden wir uns zurücklehnen und geduldig auf den Moment harren. Zumindest bei Beratern wird er kommen, so wie das am Horizont dräuende Gewitter sein Ende finden wird.