Seit einiger Zeit gilt es als CEO-schick, von selbst initiierten Disruptionen zu träumen. Einmal eine neue Technologie einführen, die auf Dauer mit dem Namen des Unternehmens verbunden bleibt. Einmal Produkte anbieten, die kein Wettbewerber je im Angebot haben wird. Einmal den Markt so dominieren, dass kein Kunde eine Preisverhandlung wagt. Also einmal Prena oder Tesla, Google oder Melitta, Apple oder Tempo sein – das muss doch gelingen.

Und während die CEOs bereits nach einem geeigneten Platz für ihr Porträt im Foyer der Unternehmen suchen, beginnen sie zu handeln. Sie stampfen Abteilungen aus dem Organigramm, nennen sie Business Development und servieren ihnen Entwicklungspläne mit kaum erfüllbaren Zeitvorgaben sowie von Strategiemeeting zu Strategiemeeting steigende Erwartungen.

Leider machen sie damit bereits alles falsch, was falsch zu machen ist. Denn das Verb to disrupt meint nichts anderes als stören, zerreißen, sprengen und durchbrechen. Also das Bisherige in Frage stellen, um eine völlig neue Problemlösung zu schaffen. Wie soll das eine Abteilung, die jährlich um ihr Budget kämpft, die über ihre Fortschritte regelmäßig der Unternehmensleitung Bericht zu erstatten hat und die in die standardisierten Prozesse und Regularien eingebunden ist, wie soll das eine solche Abteilung schaffen?

Dieses Ansinnen ist in etwa so aussichtsreich, wie die immer wiederkehrenden Ankündigungen von Regierungen, nun endlich die Bürokratie abbauen zu wollen. Es passiert nichts, außer dass ein paar Arbeitsgruppen Verordnungen und Erlasse zum Bürokratieabbau formulieren. Und so, wie sich Bürokratie nicht selbst abschaffen kann, sind etablierte Unternehmen nicht zu Disruptionen in der Lage.

Gerade weil das Management vieles richtig mache, mahnt Clayton M. Christensen in seinem Buch „The Innovator`s Dilemma“, scheitere es in der Konfrontation mit innovativen Technologien. Genau dieses Dilemma wird im Ansinnen der CEOs sichtbar. Sie planen die Disruption und dieser Plan zieht sich wie eine Nabelschnur um den Hals des Embryos. Was folgt ist eine Totgeburt.

Um vieles aussichtsreicher wäre jedoch ihr Vorhaben, wenn sie den Kreativen des Unternehmens tatsächliche Freiheit geben würden. Ohne Berichtspflichten, Budgetverhandlungen und Projektpläne. Doch das widerspricht ihren Intuitionen. Denn in dem Fall wäre nicht ihr Name mit der Disruption verbunden. So stehen die CEOs der Disruption selbst im Weg und werden irgendwann durch andere Disruptionen hinweg gespült.