Vor ein paar Wochen beklagte ich an dieser Stelle das Wuchern betrieblicher Beauftragter und schlug die Einführung eines Wertschöpfungsbeauftragten vor. Doch unser aller regierende Obrigkeit war schneller. Denn seit Sommer gilt in Deutschland das Hinweisgeberschutzgesetz, welches Denunzianten ihre Anonymität sichern und sie so vor dem Zorn der Angeschwärzten bewahren soll. Dieses HinSchG schreibt für „Beschäftigungsgeber“ ab 50 Beschäftigten verpflichtend die Einrichtung von internen Meldestellen vor. Zuträger aller Couleur dürfen sich an diese Meldestellen wenden, um dort ihre Verdächtigungen protokollieren und verfolgen zu lassen. Gegenstand solcher Meldungen sind unter anderem Verstöße gegen die Produktsicherheit und den Umweltschutz, die finanziellen Interessen der EU und, für Beamte, gegen die Pflicht zur Verfassungstreue. Insgesamt umfasst der Paragraf 2, der den sachlichen Anwendungsbereich beschreibt, zwei Absätze, zwölf Sätze und zwanzig Unterpunkte.

Da den Beschäftigungsgebern (Welch schönes Wort unseres Gesetzgebers: Endlich wird mit der Illusion der Arbeit in Organisationen aufgeräumt!) im Falle der Nichtbeachtung des Gesetzes Bußgelder bis zu 50.000 € drohen, werden sie der weiten Palette betrieblicher Beauftragter einen Meldestellenbeauftragten hinzufügen. Seine Aufgaben sind klar im Gesetz geregelt, da gibt es kein Deuteln. Allerdings versäumte der Gesetzgeber festzulegen, wann eine solche Meldestelle eine gute oder ungenügende Arbeit macht. Wie viele Meldungen hat eine Meldestelle pro Woche entgegenzunehmen? Wie viele Meldungen müssen davon substanziellen Charakter haben? Was geschieht, wenn diese Kennzahlen nicht erreicht oder auch übertroffen werden? Und braucht nicht jede Meldestelle auch Zulieferer, also Denunzianten? Was, wenn sich diese nicht finden? Sind dann Provokationsbeauftragte einzusetzen? Personen, die meldewürdige Tatbestände im Sinne von V-Leuten bzw. informellen Mitarbeitern initiieren.

Im Juni 1886 textete die Zeitung „Der Sozialdemokrat“: Der größte Lump im ganzen Land, das ist und bleibt der Denunziant! Aber das ist Geschichte und über 137 Jahre her.