Lean Thinking gilt als mächtiger Ansatz zur Optimierung von Wertschöpfungsprozessen. Mit ihm lassen sich Bestände reduzieren und Durchlaufzeiten verkürzen, die Produktivität steigern und die Lieferpünktlichkeiten verstetigen. Aber sicher kennen Sie das zu Genüge und ich möchte Sie auch gar nicht damit langweilen. Viel spannender ist dagegen, wofür die Unternehmen ihre so erzielten Einsparungen verwenden. Abgesehen von der Erhöhung der Vorstandboni, kann ich dafür drei Gruppen erkennen.

Zuerst die, die ihren Lean Experten versprachen, die erwirtschafteten Beträge in die Ausweitung des Lean zu investieren. Aus Guerillakämpfern im Dickicht der täglichen Verschwendung entstehen so Optimierungsfürsten mit eigenem Hofstaat. Die Regel der ungebremsten Zellteilung von Organisationen gilt eben auch für Lean-Pyramiden. So residiert der Head of Lean Thinking im Eckbüro und wird von zwei Lean-Assistenten vor der rauen Wirklichkeit behütet. Davor die Schreibtische der Lean Master, Lean Koordinatoren und Lean Methoden Experten. Und zum Arbeiten werden die Lean Practitioner ausgesandt. Es soll Organisationen geben, die es tatsächlich auf sechs Hierarchieebenen in ihrer Lean-Organisation schafften.

Eine zweite Gruppe von Unternehmen dagegen hat sich mit den Lean-Experten arrangiert und sehen diese als verantwortlich für die Optimierung. Weshalb sich der Rest der Belegschaft nicht darum kümmern muss und für die Kunden Prozesse aus Illusionen bauen darf. Vorgegebene Kosten, Qualitätsparameter oder Stückzahlen? Kein Problem. Hat der Kunde den Vertrag einmal unterschrieben, werden die Lean-Experten schon dafür sorgen, dass sich aus dem illusorischen Fake ein funktionierender Prozess entwickelt.

Eine dritte Gruppe von Unternehmen verjubeln schließlich ihre Einsparungen direkt in den Überbau. Allein in Stellen für Beauftragte kann im Jahr wesentlich mehr investiert werden, als die Lean-Experten jemals erwirtschaften können. Vielleicht sollten deren Ziele erhöht werden? Keine Sorge, darum kümmern sich dann die Beauftragten. Und sollte das noch nicht ausreichen, muss eben ein Beauftragter für Lean Effizienz eingestellt werden.

Aber vielleicht dient diese Diskrepanz zwischen Lean Thinking und big Acting auch nur der Zukunft des Lean. So, dass neue Lean Experten ausreichend Potential für ihre Aufgabe finden. Dann wäre die Absurdität, derer wir täglich begegnen können, wenigsten für die Nachwuchsförderung gut.