Es gibt hunderte von Sprüchen zum Lernen. Sie haben häufig mit Wasser zu tun (Lernen ist wie Rudern gegen den Strom, sobald man aufhört, treibt man zurück. – Edward Benjamin Britten), separieren oftmals vom Wissen (Es ist keine Schande, nichts zu wissen, wohl aber, nichts lernen zu wollen. – Sokrates) und betonen, dass das Lernen niemals aufhört (Das Menschenleben ist eine ständige Schule. – Gottfried Keller). Manchmal verirren sich solche Sprüche auch an die physischen und/oder virtuellen Wände der Unternehmen. Dann fokussieren sie in der Regel darauf, wie wichtig das lebenslange Lernen aller Mitarbeiter für den Erfolg des Unternehmens sei. Und dienen damit als Legitimation für die Personalentwicklung. Denn entsprechend ihres Selbstverständnisses ist sie für das Lernen im Unternehmen zuständig. Sie bricht die Unternehmensziele in Lernziele herunter, sie konzipiert die dafür notwendigen Lernszenarien und sie misst schließlich den Erfolg der Maßnahmen. Das betrachtet sie als ihre Aufgabe und wehe dem, der sich da einer Einmischung anmaßt.

Diese Art von restriktiver Personalentwicklung gleicht der Arbeit von Dresseuren. Wird das Stöckchen gehoben, so haben wir uns aufzurichten. Wird es gesenkt, dürfen wir wieder auf allen vieren stehen. Und sticht es nach vorn, dann springen wir durch den brennenden Reifen. Wem dieses gelingt, der darf ein Leckerli erwarten, wem nicht, dem schlägt das Stöckchen auf die Pfoten. Dressierende Personalentwicklung geht davon aus, dass jeder Mitarbeiter manipulierbar ist. Es gilt halt nur den richtigen Code zu finden. Doch ich persönlich habe es satt, mich als Objekt der Personalentwicklung begreifen zu lassen. Schaue ich morgens in den Spiegel, blickt mir mein Subjekt entgegen. Mit allen Stärken und Schwächen, die sich an mir finden lassen. Aber eben so individuell und spezifisch, wie es kein anderer sein kann und sein wird. Genau dieses Spiegelbild möchte ich auch am Abend erkennen. Und mich nicht als Objekt wiederfinden, an das die Personalentwicklung eine Leitplanke Qualitätsmanagement, eine Stoßkante Compliance und zwei Warnlichter Datensicherheit angeschraubt hat. Ich bin ich, auch wenn ich mich acht Stunden am Tag an das Unternehmen verkaufe. So halte ich es lieber mit Winston Churchill: Die meisten Menschen sind bereit zu lernen, aber nur die wenigsten, sich belehren zu lassen.