Jetzt ehrlich: wer hat noch nicht probiert, sich von ChatGPT einen Text schreiben zu lassen? Also in meinem Kollegenkreis experimentierten mehr als die Hälfte mit der Software von Open AI. Die eine ließ sich einen Marketingplan entwerfen, der andere eine Tischrede zum runden Geburtstag seiner Tante. Und eine dritte nutzte ChatGPT, um das Konzept einer Hausarbeit für ihr berufsbegleitendes Masterstudium zu erstellen. In allen Fällen waren die Ergebnisse erstaunlich. Zwischen dem, was die Künstliche Intelligenz vorschlug, und dem, was die Kollegen formuliert hätten, würde es die KI nicht geben, war kaum ein Unterschied feststellbar. Die aus im Netz kursierenden Versatzstücken und Textfragmenten montierten Texte lasen sich schlüssig. Ihre Grammatik war exzellent und die Logik der Argumentation in sich schlüssig.

Allerdings entstehen aus den verblüffenden Resultaten ein paar wichtige Fragen. Zum ersten, was geschieht, wenn viele die KI nutzen und die Ergebnisse wieder ins Netz einspeisen? Die KI im Sinne eines selbstreferentiellen Systems also auf ihre eigenen Ergebnisse zurückgreift? Werden damit nicht automatisch alle Ausgaben immer gleichförmiger, immer austauschbarer?

Zum zweiten kommen wir nicht um die Frage umhin, wozu man uns in ein paar Jahren noch benötigen wird, wenn doch die KI bereits in diesem frühen Entwicklungsstadium in der Lage ist, Resultate zu produzieren, die den unseren kaum nachstehen. Wer braucht dann noch Werbetexter, Produktmanager oder Vertriebsmitarbeiter im Innendienst? Frey und Osborne hatten es in ihrer Studie „The Future of Employment: How Susceptible are Jobs to Computerization” 2013 vorausgesagt: die nächste Welle der Automatisierung trifft die kognitiven Berufe. Ist dieser Moment nun, zehn Jahre später, gekommen?

Und schließlich müssen wir uns zum dritten fragen, ob die Ergebnisse von ChatGPT tatsächlich so exzellent sind? Oder wir sie nur als exzellent wahrnehmen, da wir selbst so mittelmäßig sind? Ich befürchte, die Antwort liegt in Letzterem. Was allerdings Hoffnung gibt, wir könnten das Rennen mit der KI um die besseren intellektuellen Ergebnisse doch noch ein paar Jahre für uns entscheiden. Wir müssen nur kreativer werden. Und natürlich mit den richtigen Fragen die Wunder der Technik bezweifeln.