Die Pyramide als geometrisches Synonym für Organisationen ist sehr alt. Viel älter als ihre Namensvetter von Gizeh. Nur, dass die organisationalen Pyramiden vor Gizeh als Horde, Rotte oder Stamm bezeichnet wurden. Und später dann als Königreich, Bistum oder Heer. Immer jedoch lässt sich eine identische Grundstruktur finden. Oben logiert der Fürst, Marschall oder Bischoff. Darunter folgt der Hofstaat, die Offiziere oder Pfaffen. Und das Fundament bilden die Bauern, die Soldaten oder Gläubigen. Sie tragen die Bürde des Überbaus, was heute gern als „die Last auf viele Schultern verteilen“ bezeichnet wird. Trotz aller Versuche, die pyramidale Struktur in andere geometrische Gebilde zu zerbröseln, hat sich über die Jahrhunderte und Jahrtausende an dieser Form nichts geändert. Egal, ob Kreise oder Linien, Überlappungen oder Quadrate – immer piekst bei genauerem Hinsehen mindestens ein Chefkopf aus dem zweidimensionalen Gebilde. Eine oder einer, die das Sagen haben. Die angeben, wer zur Organisation gehört und wer nicht. Und die bestimmen, wie die Pyramide um weitere Stockwerke zu erweitern ist, damit deren Spitze näher an das Himmelsreich rückt. So bleibt uns wohl nichts anderes, als uns von der Illusion der Brüderlichkeit und Gleichheit zu verabschieden. Denn auch wenn wir für diese hehren Werte kämpfen mögen, dann tun wir es unter Observation eines Gewerkschaftssekretärs, eines Oppositionsführers oder eines Räuberhauptmannes.

Einige dieser Anführer verstehen es jedoch das Konstrukt neu zu interpretieren. In ihrem Verständnis steht die Pyramide nicht auf ihrer quadratischen Grundfläche, sondern auf der Spitze. Die ehemals oben befindlichen Chefs tragen die Last der Basis. In der Position eines Atlas verstehen sie sich selbst als diejenigen, die für ihre Mitarbeiter optimale Arbeitsbedingungen schaffen. So, dass sich diese bestmöglich auf den Zweck der Organisation konzentrieren können. Egal, ob es sich dabei um die Erfüllung von Kundenaufträgen, das Lernen in Schulen oder das Genehmigen von Bürgeranträgen handelt. Der CEO quasi als erster Diener des Unternehmens. Und sein Führungskreis als die nächste Dienstebene. Das könnte uns tatsächlich Mut machen, weiterhin von Illusionen zu träumen.