„Die beste Bildung findet ein gescheiter Mensch auf Reisen.“, schrieb Johann Wolfgang von Goethe einst. Und da all die Manager der Unternehmen ihre humanistische Bildung genossen haben, glauben sie ihre Reisen fortwährend posten zu müssen. Wohl in der Hoffnung, die Follower mögen aus den Statusmeldungen auf die rapide wachsende Bildung des Managements schließen. Ernsthaft, an manchen Tagen ist meine Timeline übervoll mit solchen belanglosen Nachrichten: Der Chief Culture Officer beim Betrachten eines asiatischen Sonnenaufgangs, der Chief Catering Officer beim herzhaften Biss in ein texanisches Thunfisch-Sandwich und der Chief Visionary Officer beim abendlichen Raki-Absacker an einer albanischen Hotelbar.

Vielleicht wäre das noch zu ertragen. Da die CxOs jedoch zugleich in die Grundzüge des Public Relation eingeweiht sind, die Georg-Volkmar Graf Zedtwitz-Arnim in seinem Buch „Tu Gutes und rede darüber“ formulierte, glauben sie auch ihre Erkenntnisse in den Newsfeed spülen zu müssen. Weshalb sie fotogen den Arm um das Gelenk eines Roboters legen, sich demonstrativ über den Programmcode eines mittels KI erzeugten Bildes beugen oder mit spitzem Mund die neueste Kreation des Algensalats verkosten. Immer mit einem Spruch unterm Foto, wie exzellent, einmalig und erkenntnisreich der Besuch im Unternehmen XY gewesen sei.

Allerdings umschmeicheln solche Lobesarien der Managerreiseprosa selten das eigene Unternehmen. Das wirft Fragen auf. Gibt es aus dem eigenen Unternehmen nichts zu berichten? Fühlen sich die Manager der Bescheidenheit unterworfen und möchten ihre Gastgeber nicht brüskieren? Oder sehen die CxOs die Entwicklungen nicht, da sie nur dann die eigenen Arbeitsbereiche betreten, wenn sie selbst Besuch empfangen? Und müssen wir so zu Followern der Gäste werden, um zu sehen, was andere an uns authentisch, außergewöhnlich und aufsehenerregend finden?

Vielleicht ist es an der Zeit, einen Reiseführer in das eigene Unternehmen zu publizieren. Mit dem Titel „Reisen in das Innere deiner Organisation“. Und Kapiteln, die sich darum ranken, was unsere CxOs sehen könnten, wenn sie uns als ihre eigenen Gäste besuchen würden. Das würde nicht nur Reisekosten sparen, sondern zugleich die Möglichkeit schaffen, noch einmal Goethe zu zitieren: „Sieh, das Gute liegt so nah!“